Johann Friedrich Schink           Erscheinung auf Elise’ns Grabe

                                                               An Cäcilia

 

Hin war ich auf ihre Gruft gesunken;

Manche Thräne hatteschon

Rings das Moos, das sie bedeckt, getrunken;

Sonn’ und Abend waren längst entflohn.

 

Still und lautlos lag ich hingesunken.

Da umklang mich’s süß, wie Harfenton;

Mich umwallten lichte Sternenfunken;

„Blick’ empor“, rief’s lieblich, „Erdensohn!“

 

Sieh, da stand vor mir ein holder Engel,

Dessen Link’ ein Palmenzweig umwand;

Himmelwärts hob er die rechte Hand,

 

Sanft gelehnt auf einen Lilienstängel.

Freundlich war sein Blick auf mich gewandt;

„Hoffe Dulder!“ sprach er; und verschwand.

 

 

 

Johann Friedrich Schink           Neue Erscheinung

                                                               An Cäcilia

 

Sieh, da tritt, von Mondesglanz umflossen,

Abermahls der engel, Hoffnung, hin,

Und mit ihm, von seinem Arm umschlossen,

Eine Houris oder Huldgöttin.

 

Ha! wer ist die süße Gleiterin,

Offenheit und Reinheit ausgegossen

Über Stirne, Aug’ und Wange hin?

Und im Haare junge Myrthensprossen?

 

Eine Harfe ruht in ihrer Hand,

Und ihr Auge sinnt auf Melodieen,

Halb auf mich sanft lächelnd hingewandt,

 

Im Getöne süßer Harmonien

Ruft sie: „Nimm dieß rosenfarbne Band,

Schling’ es um dich, wir sind uns verwandt.“

 

 

 

 

 

Johann Friedrich Schink           Liebe

                                                              

Blickt auf mein Haupt die Morgensonne nieder,

Ich trinke Lieb’ aus ihrem warmen Strahl;

Und Liebe haucht auf rosigem Gefieder

Der West um mich, durchirr’ ich Wald und Thal.

 

Die Liebe haucht aus Geißblatt, Mohn und Flieder;

Die Liebe würzt mein leichtes, ländlich’s Mahl;

Die Liebe singt, hör ich der Vögel Lieder;

Die Lieb’ umglänzt mich in des Mondes Strahl.

 

Was wogt so sanft aus jener Silberwelle?

Was murmelt aus des Felsens kühler Quelle

So melodieenreich mir zu?

 

Was macht um mich den trübsten Himmel helle,

Zum Paradies die unwirthbarste Stelle?

Du, holde, süße Liebe, du!

 

 

 

Johann Friedrich Schink           An Sidonia

                                                              

Wie um die Flur die laue Abendluft,

So schwebt dein Bild um meine Ruhestätte.

Mir ist, als ob, umhaucht von Rosenduft,

Ein Genius zu meinem Lager träte.

 

Als ob, herab vom Himmel mir gesandt,

Ein Engel sanft des Bettes Vorhang regte,

Hernieder blickt’, und segnend seine Hand

Auf meine Stirn und auf das Herz mir legte;

 

Als deckte leicht sein Aetherflügel mich,

Als neigt’ er leis’ an meinem Busen sich,

Als fühlt’ ich seinen Hauch an meinem Munde wallen!

 

Voll Hochgefühl hebt sich mein Herz empor;

Mein Aug’ entschläft; und träumend hört mein Ohr

Den zauberischen Ton von deiner Laute hallen.

 

 

 

 

 

 

Johann Friedrich Schink           An Sidonia – Nach einem Gewitter

                                                              

Entschwunden mit des Donners Schlägen

Fühlt’ ich des Sommers Schwül; es lag,

Erquickt durch Gottes milden Regen,

Rings auf der Flur ein neuer Tag.

 

Noch rollte fern der letzte Schlag

Am Himmel hin, der Fluren Segen,

Als freundlich lächelnd mir entgegen

Der Mond durch blaue Wolken brach.

 

Begrüßend streckt’ ich meine hände

Zu ihm hinauf. Mir war’s, als stände

Dein holdes Bild in ihm vor mir.

 

Als rief’ aus einer Heilgenblende

Dein süßer Mund: „Ich bin’s, und sende,

Freund, meinen guten Abend dir!“